Gekommen ist das heilige Osterfest…

heißt es im Exultet, dem Lob des Lichts am Beginn der Osternachtsliturgie. Gekommen ist aber dieses Jahr ein Osterfest, das wir nie vergessen werden: Zum ersten Mal seit Menschengedenken können Christen Ostern nicht in Gemeinschaft feiern. Die Osterkerze wurde letzte Nacht nicht am Feuer entzündet und man zog nicht zusammen in die hell werdende Kirche ein. Das Osterlob habe ich in der leeren Kirche gesungen. Ein Ausnahmezustand, den noch vor wenigen Wochen niemand für möglich gehalten hätte. Begrenzt ist unser Wissen und Können, endlich ist das Leben, unsicher ist, was wir sind und haben. Scheinbar hatten wir alle unsere Sterblichkeit fast vergessen und die Angst hat uns nun fest im Griff. Bei einem Fernsehgottesdienst sah ich unlängst das geschriebene Anliegen eines Kindes in einem Korb vor dem Altar liegen: „Lieber Gott! Ich habe Angst. Kannst du da was machen? Bitte!“ (Patricia , 8 Jahre).

Ostern bedeutet: Ja, Gott kann da was machen! Ja, Gott macht was! Trauer, Angst und Sorge, Verletzlichkeit und Hoffnungslosigkeit, der Tod in seinen vielen Formen hat nicht das letzte Wort! Gott macht was. Immer. Und das macht dann was mit uns. Papst Franziskus hat vor Kurzem beim Segen für die Welt von dieser Veränderung gesprochen:  „Herr, […] in unserer Welt, die du noch mehr liebst als wir, sind wir mit voller Geschwindigkeit weitergerast und hatten dabei das Gefühl, stark zu sein und alles zu vermögen […]. Wir haben vor deinen Mahnrufen nicht angehalten, wir haben uns von Kriegen und weltweiter Ungerechtigkeit nicht aufrütteln lassen, wir haben nicht auf den Schrei der Armen und unseres schwer kranken Planeten gehört. Wir haben unerschrocken weitergemacht in der Meinung, dass wir in einer kranken Welt immer gesund bleiben würden. […]. Es ist nicht die Zeit deines Urteils, sondern unseres Urteils: die Zeit zu entscheiden, was wirklich zählt und was vergänglich ist, die Zeit, das Notwendige von dem zu unterscheiden, was nicht notwendig ist. Es ist die Zeit, den Kurs des Lebens wieder neu auf dich, Herr, und auf die Mitmenschen auszurichten.“

Sicher ist es nicht richtig, von Gott die Lösung aller Probleme nach unserer Vorstellung zu erwarten. Dann wäre er nicht Gott, sondern ein Wunsch-Automat oder ein immerzu nur netter allmächtiger Mensch. Aber Gott ist auch weder machtlos noch sadistisch. Das sagt mir Ostern: Gott macht so viel möglich.

Wir Menschen dagegen machen gern irgendwann einen Punkt, haken etwas ab, sind fertig damit. Freilich ist es gut, geordnet und präzise zu denken und bei allem auch ein Ende zu finden. Wenn wir aber einen Punkt machen, dann begrenzen wir Dinge, um sie zu verstehen und Macht darüber zu haben. Wie gern haben wir Normalität, Grenzen, Klarheit. Ostern aber ist endlos Aufbruch, Hoffnung, Lebendigkeit. Ostern sagt, dass nichts ein für alle mal fertig ist für Gott. Ein schöner Gedanke von Heinz Zahrnt lautet: Ostern heißt: Vom Punkt zum Doppelpunkt. Gott schreibt weiter an meinem Leben, auch wenn ich oder andere einen Punkt setzen, selbst wenn der Tod einen ganz dicken Punkt setzt. Das ist großartig am Osterglauben: Mein Leben, ich, wie ich bin, all die einzelnen Punkte und Momentaufnahmen, das ist bei Gott Teil eines Ganzen, wird ewig. Welche Ehre für jedes Menschenleben! Gott hebt uns auf seine Augenhöhe. Jesus wurde einer von uns, um das zu zeigen, und er ging uns voraus in Gottes Ewigkeit. Das bleibt außerhalb unserer Vorstellung, außer Raum und Zeit, aber keine Illusion, kein Nirwana, kein Nebel. Der Auferstandene bleibt ja auch er selbst. Maria erkennt Jesus an der Stimme. Thomas berührt seine Wunden. Aber Jesus erscheint auch durch geschlossene Türen, existiert also doch völlig anders.

Auferstehung ist somit keine Reanimation, kein Zurück ins alte Leben. Und auch kein Recycling, als ob aus irgendwelchen Nebeln wieder ein neuer Mensch entsteht. Auferstehung macht aus dem Punkt einen Doppelpunkt. Derselbe Text geht weiter, aber anders, ganz neu.

Jesus hat immer wieder Menschen aufstehen lassen aus Krankheit, Verachtung, Angst. An diesem besonderen Ostern mit ganz viel Angst überall – Angst um die Liebsten, um das eigene Leben, um die Zukunft, um das Auskommen und die Arbeitsstelle, vor dem Alleinsein, Angst um fast alles - da verstehen wir das vielleicht noch besser. Dass es weiter geht. Dass Gott da was macht. Wie Petrus und Maria am Grab Jesu werden wir: „sehen und glauben“. Und mit dieser Hoffnung, liebe Mitchristen, können wir weiter sehen als bis an all die Punkte, gesetzt werden, die irgendwer uns setzen will. Mir diesem Vertrauen auf Gott wird aus jedem Punkt einen Doppelpunkt! Uns allen ein gesegnetes, heiliges Osterfest!

 

Und noch was fürs Osterlachen…

Ein älteres Paar sitzt gemütlich am Frühstückstisch. Er ist ganz hinter der Zeitung versteckt und plötzlich ist seine Stimme zu hören: „Schau an, sogar Gott ist jetzt krank geworden!“ Darauf sie: „Gott ist krank? Was für ein Quatsch.“ Dann liest er ihr vor: „Nein, hier stehts schwarz auf weiss: Gott hat gestern den berühmten Arzt Doktor Rolf Schneider zu sich gerufen.“ 

 

Pfarrer Matthias Dangel