Eine Keramikschale

„Mit einem filigranen Goldmuster. Wenn ich genauer hinschaue, dann sind diese Goldspuren, die ich sehe, keine Musterzeichnung, die sich ein Künstler erdacht hat. Unter den Goldspuren verbergen sich Risse, Brüche. Es gibt in Japan die Kunst, ein kostbares zerbrochenes Gefäß so zu „reparieren“, dass die Bruchstellen nicht einfach möglichst unauffällig gekittet werden, sondern der Künstler füllt sie mit Gold auf und betont sie so. Das alte Gefäß erscheint in neuer atemberaubend schöner und einzigartiger Gestalt. Wabi-Sabi – Vollkommenheit der Unvollkommenheit: so heißt diese Kunst, die Bruchstellen nicht wegschminkt, sondern sie integriert, sogar hervorhebt, durch Vergoldung würdigt.“ Annette Gawaz, Exercitien im Alltag, Karwoche 2020

Diese Schale und der Text haben mich in der Karwoche sehr berührt. Ja Gott lässt Menschen gerade in ihren Rissen, in ihren Brüchen leuchten. Unsere Verletzlichkeit war und ist die ganze Zeit spürbar, wir sind durch die Umstände dünnhäutiger, wir merken deutlicher unsere Schwächen, die Narben von dem, was in unserem Leben schief gelaufen ist.

Das ist für mich ein großer Trost: Gott will keine Perfektion, keine Vollkommenheit, unsere Brüche sind gerad die Chance, dass er hier einbrechen kann mit seinem Licht. Seine Gnade ist unsere Vollkommenheit, wir müssen keine eigene suchen.            

Cornelia Hosp