Predigt am Dreifaltigkeitssonntag

über Exodus 34,4-9 und Johannesevangelium 3,16-18

Liebe Mitchristen, heute ist also Gott selber unser Thema - verschiedene Seiten Gottes oder Sichtweisen auf Gott. Und dabei darf es nicht so sehr darum gehen, was man genau von Gott weiß, sondern darum, dass wir Menschen eben so ziemlich alles doch nicht genau wissen. Und ganz bestimmt gilt das für die Frage, was Gott ist, wie Gott ist, wer Gott ist. Für mich ist der Dreifaltigkeitstag darum sicher kein Tag der Abgrenzung mit Formeln für den Glauben, die man nur wörtlich unterstützen oder ablehnen müsste. Und es ist auch kein Tag der Abgrenzung von ganz anderen Religionen. Nein, es sollte ein Feiertag der Toleranz sein unter lauter Menschen, die doch allesamt nur ziemlich wenig Ahnung von Gott haben!

Ich kann mich gut erinnern an eine heftige Diskussion in meiner Studienzeit. In der Wohnheimküche hat mir ein muslimischer Student einen Vorwurf gemacht, der im Islam von Anfang an gegen Christen erhoben wird, und so auch im  Koran steht: Christen hätten den Glauben an den einzigen Gott aufgegeben, weil sie gleich zu drei Göttern beteten: Vater, Sohn, Geist. Moslems denken, sie wären da weiter oder treuer am Ursprung, indem sie ganz streng am einzigen Gott festhalten, der für die Menschen völlig unverfügbar ist und bleibt.

Nun, was denken Sie? Ist das so, dass wir Christen drei Götter haben? War uns der Himmel vielleicht doch zu leer geworden, nachdem die vielen käuflichen und spezialisierten Gottheiten abgeschafft wurden, sodass wir erst Gott verdreifacht haben und dann noch jede Menge Heilige und Engelwesen in Gottes Hofstaat platziert haben – gleichsam als Ersatz der Vielgötterei?

Da mag manchmal etwas dran sein. Und ehrliche Kritik hilft ja bisweilen, das Wichtigste wieder klarer zu sehen. Mir helfen darum etwa die aufrechten Muslime, meinen eigenen Glauben an den einzigen Gott besser zu verstehen. Wichtiger ist mir aber noch, dass Gott überhaupt gar keiner menschlichen Vorstellung entsprechen darf. Auch der erste Bund verbietet das mit dem Gebot, kein Bild von Gott zu machen. Obwohl es also gewissermaßen kein Phantombild gibt, weil jeder Vergleich mit Bekanntem fehlschlägt, so gibt es doch eine Art „Steckbrief“ Gottes. Darin stehen alle Erfahrungen, die Menschen mit Gott machen: Bibel, Überlieferung, und wir selber sind voll davon. Moses z.B., er hat vorhin gelernt dass man Gott vertrauen kann, weil Gott treu ist und frei macht; andere Götter gibt es gar nicht.  Und Jesus, durch den Gott gewissermaßen ganz auf Tuchfühlung mit uns geht, der räumt damit auf, dass wir Gott oft nur als Polizei oder Moralbegründer nach unserer Vorstellung basteln. Jesus bringt die zentrale Erfahrung mit Gott auf den Punkt, wenn er gerade von sich selber spricht: Er ist nicht zum Richten gekommen, sondern zum Retten. „Gott rettet“ - nicht von ungefähr, meine Lieben, heißt der Name „Jesus“ in unsere Sprache übersetzt genau so: Gott rettet!

Jeder Streit aber, ob über Schriften, Traditionen, über all die Facetten Gottes, über Einfalt oder Dreifaltigkeit, über das Warum des Leids u.v.m., all das wird kein glattes Ergebnis haben. Was zählt, sind vielmehr die Erfahrungen mit Gott: Dem kannst du voll vertrauen, der heilt deine Wunden, der zieht dich raus, der ist absolut treu, der ist für dich da. Der ist wie Vater, wie Sohn, wie Geist – und noch viel, viel mehr!

Pfarrer Matthias Dangel