Weniger ist Mehr

Predigt von Pfarrer Matthias Dangel über Matthäus 10,37-42

Was für ein Spielverderber Jesus ist! Liebe Mitchristen, was sollen diese herben Worte eben: Was mir lieb und teuer ist, soll ich geringschätzen, verzichten, auch Leid akzeptieren, Jesus allein wichtig nehmen, und Menschen, die ich gar nicht kenne, aufnehmen, um Gott aufzunehmen? Spaß klingt anders. Und das wird mir sicher eh alles nie gelingen und wieder werde ich mich schlecht fühlen. Damit hat der Kabarettist Jürgen Becker doch recht, der sagt: Christentum, das besteht ja nur aus Schuldgefühlen und Feiertagen. Viele Schuldgefühle und ein paar freie Tage!?

Moment! Ein Christentum nur aus Schuld und Leid und etwas Kultur. Das darf nicht sein. Christentum, das ist eine gute Sache, heilsam, befreiend! Wir haben schließlich Hoffnung auf immer mehr als man sehen und verstehen kann. Wir haben Hoffnung, weil Jesus eine Lebensweise zeigt, in der sich der Himmel spiegelt. Es ist seine  Lebensart, die wie eine Landkarte funktioniert. Die Wege darauf sind nicht alle gleich und nicht alle leicht. Mal wird es nach meinen Vorstellungen laufen wie auf einer breiten, leeren Autobahn, mal lande ich in der Sackgasse. Aber es gibt auch Schleichwege oder Umwege und es gibt die langweiligen sicheren Pfade. Du hast die Wahl. Z.B. stehst du vor der Entscheidung: Rede ich über das, was mich belastet, oder schlucke ich halt und mache weiter wie immer. Riskiere ich meinen guten Ruf bei der Arbeit, im Verein, in der Gemeinde, wenn ich tue, was ich für richtig halte, oder gehe ich unauffällig wie alle auf den breiten Straßen? Klar, manchmal sieht es ausweglos aus, wenn eine Ehe nicht mehr von beiden aus Perspektiven hat,  wenn Alkohol jemand zerstört oder wenn das Entlassungsschreiben im Briefkasten liegt.

Immer aber, meine Lieben, ist es wichtig zu wissen: Jesus geht alle meine Wege mit. Jesus ist weder Schönfärber noch Wichtigtuer, aber auch nicht Leidensfetischist oder Dauernörgler. Ihm geht es um dich und mich, das Gute, den Sinn. Und dazu gehört heute diese klare Botschaft der Freiheit: Kein Ding, kein Mensch darf allein mein Leben beherrschen, mich versklaven. Denn Benutzen, Gier und Besitz, das besitzt einen, das macht regelrecht besessen.

In einem fiesen Experiment sollen Affen eine Banane aus einer Kiste mit nur einem engen Loch holen. Die Hand mitsamt der Banane geht aber nicht mehr raus. Affen lassen oft nicht los und verzweifeln. Menschen blicken mehr, können loslassen, um frei zu sein. Das gehört zu unserer Würde als Menschen, dass wir mehr sind, als wir haben und festhalten können. Ohnehin ist alles nur geliehen!

Genau diese Weisheit höre ich hier von Jesus. Sein Evangelium ist nicht Entsagung und Weltflucht. Er will Freiheit. Er macht uns dabei nicht vor, es gäbe nur Sicherheit und Erfolg. Nein! Denn neues Leben, das braucht immer den Abschied vom Alten, Auferstehung braucht den Tod. Neue Möglichkeiten brauchen den Abschied vom Liebgewonnenen, von alten Meinungen und Mustern, wie wir schon immer waren. Dann wird Verlust Gewinn, wird Verzicht zur Freiheit, wird aus Weniger Mehr. Papst Franziskus hat uns mit seiner Enzyklika Laudato Si vor 5 Jahren auf diesen Weg Jesu zurückgeschickt, um das Leben auf der Erde zu bewahren und nichts und niemand nur zu benutzen.  Gut, dass auch Jesus selber uns heute daran erinnert, was zählt!