Wüstenerfahrung

Wüste – eintönig, monoton, öde, trocken, scheinbar leblos, Durst … - Was verbinden Sie mit Wüste?

Vielleicht machen auch Sie gerade eine „Wüstenerfahrung“ mitten in ihrem Leben – genau da, wo Sie leben und jetzt kaum mehr rauskommen. Das kann eine echte Herausforderung sein, so wie der Aufenthalt in der Wüste.

In der Bibel und in unserer Kirchengeschichte gab es viele Menschen, die bewusst die Wüste gesucht haben. Auch in sogenannten Exerzitien, also Auszeiten im Kloster, die ich persönlich sehr liebe, begibt man sich freiwillig in eine Art Wüstenerfahrungen.

Also eigentlich das, was gerade viele von uns weniger freiwillig erleben. Bei denen, die allein sind, ist es Daheim derzeit sehr still. Bei anderen gerade nicht, da ja auch unsere Kinder aus Schulen und Kitas „in die Wüste geschickt wurden“.

Bei der Wüstenerfahrung gilt es durchaus auch Unangenehmes auszuhalten, wie z.B. Langeweile, beängstigende Gedanken und unangenehme Gefühle, die sich melden, weil die Ablenkung fehlt. Und momentan durch Corona durchaus bedrohlich werden können.

Trotz allem ist es eine Chance, sich bewusst zu werden, was im Leben wirklich wichtig ist und trägt.

Wüstenerfahrungen können besondere Orte der Gottesbegegnung sein, davon erzählt die Bibel. Jesus beginnt nach seinen 40 Tagen in der Wüste „erfüllt von der Kraft des Geistes“ sein öffentliches Wirken (Lukas 4,14). Elija begegnet Gott im sanften Säuseln (1 Könige 19). Viele Menschen berichten darüber, dass sie sich gerade in „Wüstenzeiten und Durststrecken“ immer wieder Gott und sich selbst näher fühlen. Die Erfahrung habe ich sowohl in Exerzitien als auch in Zeiten von Krankheit gemacht.

Vielleicht können wir diese Krise als Chance nutzen. Die Wüste verbinden viele von uns mit Durst. Wie kostbar ist da ein Becher Wasser! Derzeit spüren viele den Durst ihrer Seele schmerzlich. Es fehlt etwas!

Gönnen Sie sich Zeiten der Stille, damit ihre Seele auftanken kann. Wenn das zuhause nicht möglich ist, vielleicht draußen in der Natur. Jesus bietet uns dieses lebendige Wasser an, das in uns zur lebendigen Quelle werden will – so wie bei der Frau am Jakobsbrunnen (Johannes 4,14).

Die Ordensschwester Silja Walter drückt es in ihrem Buch „Das Herz betet von selbst“ so aus: „Das innere Schweigen ist dasselbe wie Horchen nach Gott, wie man auf einen Laut horcht in der Nacht. Hören will ich, was Gott redet. ‘Meditieren, das kann ich nicht‘, sagt jemand. Musst du auch nicht können. Still sein, mit dir, vor Gott, wo du allein bist, eine kleine Weile, fünf Minuten, das ist alles. Er ist ja da.

„Und ehe du mich anrufst, werde ich sagen: Hier bin ich. (Jesaja 58,9)

 

Birgit Leineweber, Gemeindereferentin