UNTERBRECHUNG

Unterbrechungen haben etwas mit Gott zu tun. Davon war der Theologe Johann Baptist Metz (1928 – 2019) überzeugt. Das mag zunächst etwas befremdlich klingen, leuchtet aber ein, wenn man tiefer darüber nachdenkt.

Es gibt schöne Unterbrechungen. Reisen und Feste gehören dazu. Sie unterbrechen das Hamsterrad des Alltags. Alles ist anders. Wir erfahren uns neu, sehen Neues und bekommen im Gespräch mit anderen Menschen neue Impulse und Sichtweisen.

Es gibt freiwillige Unterbrechungen. Auszeiten, Sonntage, Fastenzeiten, Gebetszeiten, Meditation. Auch das setzt einen Abstand zum Alltagstrott. Ich habe Zeit, alles etwas auf Distanz zu setzen und zur Ruhe zu kommen. Nun können auch verschüttete Wünsche, Ängste, Sehnsüchte bewusst werden. Und wenn ich Glück habe, erfahre ich in mir Frieden, Klarheit, Licht und Zusammenhang.

Es gibt schließlich erzwungene Unterbrechungen: Krankheit, Tod. Sie konfrontieren uns mit der (endgültigen) Erfahrung, dass wir unser Leben nicht allein in der Hand haben.

Und was hat das mit Gott zu tun? Viel.

Wir sehen -> den Horizont des Möglichen.
Die Welt ist größer als unser selbstgebastelter Horizont.

Wir spüren -> die Tiefe unseres Selbst. Wir können nicht abschließend sagen, wer wir sind. Und wir ahnen, nein, wir wissen, dass wir noch nicht zu Hause sind.

Wir erschrecken -> über unsere Verletzlichkeit, Sterblichkeit, Endlichkeit. Da wird eine Grenze unserer Verfügungsgewalt sichtbar.

Unterbrechung hat deshalb auch eine religiöse Dimension. Wir ahnen den größeren Horizont. Wir spüren die Tiefe unseres Selbst. Und wir machen die Erfahrung, dass uns unser Leben nicht allein gehört. Unser Atem ist uns geliehen – auf Zeit.

Wenn wir uns diesen Erfahrungen von Unterbrechung wirklich stellen, verändern sie uns. Sie bieten die Chance von Neuorientierung und Umkehr.

Wir werden ernsthafter.
Wir sehen: Das Leben ist ein Spiel, aber kein belangloser Spaß.

Wir werden demütiger.
Wir erfahren: Es gibt etwas Größeres als uns.

Wir werden humorvoller.
Wir erfassen: Es gibt andere Perspektiven als unseren Tunnelblick.

Wir wissen:                 Wir müssen lernen, nachhaltig zu leben und zu wirtschaften.
Wir wissen:                 Wir müssen lernen, solidarisch zu sein und gerecht zu teilen.
Wir wissen:                 Wir müssen als Kirche lernen, wieder glaubwürdig zu werden.


Gebet

Du bist das Geheimnis der Wirklichkeit und des Lebens.

Wir nennen dich GOTT.
Aber du bleibst unverfügbar und heilig.

In Jesus Christus haben wir deine ANWESENHEIT gesehen und gespürt.
Deshalb wollen wir ihm nachfolgen.

Deine GEISTESGEGENWART erfüllt alles, was ist.
Beflügele du unser Herz und unseren Verstand.

Amen.

Bernhard Bosold