Geschichten des Lebens

Die besten Geschichten schreibt ja bekanntlich das Leben. Oder vielleicht besser: Schreibt Gott in meinem Leben. Das durfte ich vergangene Woche wieder erfahren.

Ich hatte nämlich eine Bestattung. Im kleinsten Kreis – das muss ja gerade so gemacht werden. Aber es gab noch nicht mal einen kleinsten Kreis. Keine Angehörigen, keine Verwandtschaft, keine Freunde. Nur einen Bevollmächtigten.

Wir waren uns schnell einig, dass wir trotzdem das „volle Programm“ machen wollten, um dieses Leben zu ehren: Eine kleine Feier mit schöner Musik, mit allen Gebeten und auch eine Ansprache sollte mit dabei sein, gebastelt aus dem Wenigen, was er aus Gesprächen von der Verstorbenen wusste.

Als wir zum anonymen Urnenhügel kamen, standen da noch drei weitere Personen. Es waren Nachbarn, die davon gehört hatten. Sie kannten die Verstorbene auch nicht gut – aber sie hatten sie gemocht. Deshalb ließen sie es sich auch nicht nehmen, ihren letzten Weg zu begleiten.

Da standen wir nun, im Kreis, die Urne in unserer Mitte. Fünf Personen, die eine auf den ersten Blick Fremde Gott anvertrauten. Ein Leben, das bruchstückhaft vor uns lag.

Und dann begann jeder, das Seine, was er wusste, dazuzulegen – und auf einmal entstand ein lebendiges Bild von einem ganzen Leben. Bunt und schön und traurig und schwer und leicht und warm.

Und auf einmal war in unseren Liedern und Gebeten Gottes Geist mitten unter uns – und hat uns zu einer Gemeinschaft gemacht, die für diesen Moment getragen hat. Als wären wir alte Bekannte, ja, als wären wir eine Familie, die gemeinsam Abschied nimmt.

Was soll ich sagen – dieser Moment hat mich tief berührt. Wie wertvoll dieses Leben doch war, das wir da Gott anvertrauten – und wie greifbar auf einmal die Hoffnung, dass niemand von uns allein ist!

Ich glaube, dass nur Gottes Geist so etwas vermag. Und dass diese seltenen Momente ein kostbares Geschenk sind – wenn Gott in unserem Leben seine Geschichten schreibt.

Vielleicht kennen Sie solche Geschichten auch. Wenn Sie Lust haben, dann schreiben Sie mir doch davon. Ich freue mich drauf.

Ihre Ines Spitznagel