Gott – liebende Mutter

Predigt zum 5. Ostersonntag (Johannesevangelium 14,1-12)

Heute ist Muttertag! Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich als Kind meistens etwas gebastelt oder gemalt habe. „Danke für alles“ stand da meistens auf meinen Bildern. Als ich älter wurde, habe ich immer besser verstanden, wieso ich an diesem Tag ganz bewusst „danke“ sage. Vielleicht war es bei Ihnen auch so: Als Kind nimmt man seine Eltern als etwas selbstverständliches wahr. Als Kind sieht man nicht, was da eigentlich alles dahintersteckt, Mutter oder Vater zu sein. Das weiß man bestimmt erst dann, wenn man selbst Kinder hat. Aber auch schon jetzt, als Erwachsene, wo ich selbst noch nicht Mutter bin, wächst meine Dankbarkeit immer mehr. Ich beginne zu verstehen, wie viel Energie, Kraft und Zeit es kostet, ein Kind großzuziehen. Es ist wahrscheinlich eine der größten Leistungen überhaupt im Leben.

Vor allem in der jetzt andauernden Situation sind Mütter und Väter noch einmal ganz anders herausgefordert. Sie müssen noch stärker als davor ihren Beruf, ihre Partnerschaft und ihre Kinder unter einen Hut bringen. Das muss auch erst mal alles organisiert werden, Homeoffice, Homeschooling und rund um die Uhr die Kinder betreuen. Das mag nicht immer an jedem Tag gut gelingen – sicher gibt es auch öfter Streit, wenn Familien so viel Zeit wie noch nie miteinander verbringen.

Vielleicht kann diese Zeit aber auch eine Chance sein: Viel Zeit miteinander zu verbringen kann auch bedeuten, diese Zeit neu zu nutzen. Zum Beispiel miteinander zu reden, auch über Themen, über die man sonst nie spricht. Oder um Spiele zu spielen, neue Rezepte auszuprobieren und miteinander zu lachen. Vielleicht kommen sich Eltern und Kinder in diesen Wochen ja sogar näher, weil sie sich auf eine ganz andere Art kennenlernen.

Sicher ist: Ob jetzt in Corona-Zeiten oder auch all die Jahre davor, Mutter und Vater sein ist zwar eine wunderschöne, aber auch eine unglaublich anstrengende Aufgabe. Dafür sagen wir heute am Muttertag Danke. Danke für deine Zeit, deine Geduld, dein Organisieren, deine Taxifahrten, deine Sorgen, deine Unterstützung, dein Mitfiebern, dein Da-Sein. Vor allem aber: Danke für deine Liebe.

So, wie eine Mutter ihr Kind liebt, liebt Gott uns Menschen. In Jesus hat er sich uns gezeigt – als liebende Mutter hat er sich gezeigt. Jesus wendet sich allen Menschen zu. Er geht sogar zu denen, die ausgestoßen und verachtet sind. Er tröstet, er verzeiht, er segnet und er schenkt neue Hoffnung. In all dem zeigt sich: Jesus liebt die Menschen bedingungslos, egal, was sie bisher in ihrem Leben getan haben.

Im Evangelium haben wir vorhin gehört, dass Jesus sagt: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ Einige Jünger verstehen nicht, was das bedeutet. Philippus traut sich, nachzuhaken: „Herr, zeig uns den Vater!“ Obwohl die Jünger so viel Zeit mit Jesus verbracht haben, haben sie es immer noch nicht ganz begreifen können. Jesus wirkt auf mich darüber etwas überrascht, wenn er sagt: „Schon so lange bin ich bei euch und du hast mich nicht erkannt, Philippus?“ Ja, die Jünger brauchen eine weitere Erklärung. Sie haben zwar gesehen, wie Jesus mit den Menschen umgeht, aber sie haben es noch nicht verstanden. Jesus erklärt ihnen: Alles, was ich getan habe, zeigt, dass ich verbunden bin mit Gott; Sohn und Vater sind eins. Das ist schwer zu verstehen – für die Jünger, aber auch für uns heute.

Jesus sagt: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ Daran dürfen wir glauben: In Jesus zeigt sich Gott. In Jesus wird Gott Mensch, damit wir ihn hören, sehen und spüren können. Gott wird Mensch, damit wir merken, wie sehr er uns liebt. Jesus kümmert sich um seine Mitmenschen. Ihm ist es nicht egal, wie es anderen geht, sondern er hilft, beschützt und rettet. Damit zeigt er uns, wie sehr Gott uns liebt. Gott liebt uns Menschen so, wie eine Mutter ihr Kind liebt. Wir alle, jeder und jede einzelne, ist Gottes geliebtes Kind.

Mir persönlich gibt das ganz viel Kraft und Mut für mein Leben. Dass ich weiß, dass Gott mich immer liebt, ganz egal, was in meinem Leben passiert, auch wenn ich etwas falsch mache. Darauf baue ich meinen Glauben: Dass Gott wie eine liebende Mutter ist.


Pastoralassistentin Amelie Zimmer