Kurze Gebete als „eiserne Ration“

Es gibt Menschen, die sich in guten Zeiten eine „eiserne Ration“ von kurzen Gebeten und Worten angeeignet haben, von denen sie dann in schlechten Zeiten zehren konnten. Solche Gebete und Worte können zum Beispiel lauten:

„Mein Gott, du trägst mich.“

„Du bist bei mir.“ „Du liebst mich so, wie ich bin.“

„Du nimmst mich bedingungslos an.“

Solche tröstenden Gebete und Worte können wie Krücken sein, mit denen man sich, wenn man angeschlagen ist, hilfreich bewegen kann. Mehr noch: Sie können die Nahrung sein, mit der man geistig und religiös wieder zu Kräften kommt.

Viele große und bedeutende Menschen, zum Beispiel Theresia von Avila, Mutter Teresa, Johannes vom Kreuz, Vinzenz von Paul, lebten von dieser „eisernen Ration“ kurzer Gebete und Worte, mit denen sie Gott ihre leeren Hände hinhielten. Und Gott füllte ihre Hände. „Liebt doch Gott die leeren Hände, und der Mangel wird Gewinn“, sagt der Schriftsteller Werner Bergengruen.

Wir können nicht tiefer fallen als in Gottes Hand. Seit meinen Kinder – und Jugendjahren begleitet mich ein kleines Gebet, das ich immer mit meiner Mutter, vor allem mit meiner Großmutter, in schwierigen Situationen gebetet habe und es mir viel Mut gemacht hat:

„ Immer, wenn du meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her, dass du es noch einmal zwingst und von Sonnenschein und Freude singst, leichter trägst des Alltags schwere Last und wieder Kraft und Mut und Glauben hast.“

Ein gutes Wort, ein kurzes Gebet, ein stiller Gedanke – all dies ist wie ein glimmender Docht, den der Geist Gottes, der Tröster und Mutmacher, zu einer leuchtenden Flamme entfachen kann.

Otto Niederer, Diakon